Warum fällt einen der Inktober so schwer? Für mich liegt das größte Problem immer in der Verpflichtung. Kaum muss ich etwas tun, macht es keinen Spaß mehr und ich habe Mühe, mich zu motivieren. Ich kann das coolste Comic-Projekt in der Pipeline liegen haben und der Zwang es tun zu MÜSSEN paralysiert mich. Ich lasse die Sachen liegen, fange nicht an und komme am Schluss unter Zeitdruck.
Wie habe ich es also dieses Jahr zum ersten Mal geschafft den Inktober komplett durchzuhalten? Wie konnte ich mich motivieren? Und was habe ich in den letzten Jahren falsch gemacht? Die Antwort auf diese Fragen und meine zehn Tipps um den Inktober zu schaffen bekommt ihr jetzt!
1. Tipp - Stelle dir die richtigen Fragen, bevor du anfängst
Bevor ihr anfangt und euch Hals über Kopf in den Inktober stürzt, solltet ihr euch folgende Frage stellen: "Habe ich genug Zeit dafür?" Mein größtes Problem in den letzten Jahren war immer die Zeit. Zwei Monate vor Weihnachten hatte ich immer Stress, zu viel Arbeit oder familiäre Verpflichtungen, die mich davon abhielten mit dem Inktober fertig zu werden oder überhaupt damit anzufangen.
Dieses Jahr habe ich mir VORHER überlegt, wie viel Zeit ich für den Inktober einplanen muss. Das wären bei 31 Tagen auch 31 Stunden im Monat, wenn ich jeden Tag eine Stunde dafür brauche. 31 Stunden ist verdammt viel. Das ist fast eine ganze Arbeitswoche.
Aber es klang für mich realistischer als 30 Minuten pro Tag, da ich manchmal etwas länger brauche, um Posen und Emotionen so umzusetzen, dass ich selbst zu frieden bin. Solltet ihr nicht genügend Zeit haben, um 31 Stunden für den Inktober zu opfern, dann gebt nicht auf, vielleicht helfen euch die anderen Tipps.
2. Tipp - Bereite dich vor
Mein Papa hat immer gesagt: "Ordnung ist das halbe Leben" und da hat er nicht ganz unrecht, denn wer im Vorfeld schon weiß, welche weiteren Termine im Kalender stehen, der kann sich darauf vorbereiten.
Das kann zum Beispiel so aussehen, dass man an diesen Tagen nur eine kleine Zeichnung macht, schon etwas vorbereitet, wie z. B. schon eine Skizze oder eine Idee bereit hat oder an diesen Tagen einfach nichts tut. Vom kompletten Vorarbeiten der Promptlist halte ich im Übrigen nichts. Der Sinn und Zweck des Inktobers liegt für mich im täglichen Zeichnen selbst und nicht darin, dass mein Instagram Feed zeigt, dass ich jeden Tag so tue, als würde ich zeichnen.
3. Tipp - Fang einfach an
Hin und wieder sitzt man im Oktober vor seinem Blatt oder Skizzenbuch und fragt sich, was man hier eigentlich gerade macht. Man hat keine Idee. Man fühlt sich leer, dumm oder unkreativ. Im schlimmsten Fall: Alles gleichzeitig! In dieser Situation empfehle ich: Einfach Anfangen! Nehmt einen Bleistift und macht Striche oder Punkte. Schließt die Augen und macht ... irgendwas.
Die Angst vor dem weißen Papier besiegt man am besten, wenn das Papier nicht mehr weiß ist. Dieses Jahr hatt ich oft das Problem, dass mir nichts mehr eingefallen ist. Ich habe dann einfach immer zuerst meine Panelrahmen gezeichnet. Da muss man nicht drüber nachdenken. Genau dieser Moment des Nichtdenkens löste bei mir häufig den Knoten und mir kam die Idee des Abends. Die war nicht immer supergut, aber zumindest hatte ich eine.
4. Tipp - Schränke dich ein
Das klingt jetzt erst mal negativ. "Schränke dich ein" - Da will der innere Künstler sofort brüllen: "Nein! NIEMALS! Ich bin Künstler! Ich lasse mich nicht einschränken! Wo denkst du hin?!" Ich muss euch aber sagen, dass das total Sinn macht und eure Arbeit positiv beeinflussen wird.
Der Inktober bringt ja schon eine gewisse Einschränkung mit sich, denn es gibt eine offizielle Promptlist (und Tausende andere Listen) die uns mit Wörtern versorgt, die wir zeichnen sollen. Das hat den Vorteil, dass man sich bereits im Vorfeld Gedanken zum Thema machen kann und nicht unvorbereitet an sein leeres Blatt tritt.
Ich würde euch sogar raten: Schränkt euch noch ein bisschen mehr ein. Das kann eine zeitliche Vorgabe sein, damit ihr nicht plötzlich drei oder vier Stunden an einem Bild arbeitet. So bekommt ihr auch nicht das Gefühl nie fertig zu werden. Ein Setting, wie zum Beispiel ein Zirkus oder das Oktoberfest könnte euch helfen Bilder und Szenerien zu finden.
Ich hatte mir vorgenommen, Comics zu zeichnen. Diese sollten nie länger als vier Panel werden und ich habe mir eine Größenvorgabe gemacht. Die Panel sind alle etwas kleiner als eine Visitenkarte.
Das bedeutet, dass ich mich nicht mit Details aufhalten konnte. Außerdem hat sich relativ schnell herausgestellt, dass es mir viel Spaß gemacht hat, den Geist zu zeichnen. Also blieb der Geist mein Hauptcharakter, den kompletten Oktober.
Das hatte einen riesigen Vorteil: Ich musste mich nicht mehr fragen, was ich heute zeichnen sollte, sondern was der Geist heute macht. Das viel mir mit jedem neuen Comic tausendmal leichter. Der Geist bekam eine Persönlichkeit und ich konnte einfach drauf losarbeiten. Ihr seht also: Ein gewisser Rahmen hilft die Gedanken zu sortieren und spart Zeit.
5. Tipp - Better done than perfect
Dieser kleine Tipp mag simpel klingen, ist aber einer der Schwierigsten in der Umsetzung. Der eigene Anspruch ist immer hoch. Das muss man während des Inktobers aber versuchen abzulegen. Man kann immer noch mal mehr ins Detail gehen oder etwas neu zeichnen. Wichtig ist aber auch, etwas zu Ende zu bringen. Deswegen: lieber auch mal ein Auge zudrücken und für fertig erklären. Den Unterschied sieht man meistens eh nur selbst.
6. Tipp - Suche dir Hilfe
Geteiltes Leid ist halbes Leid. Deswegen suche dir Freunde, mit denen du dich durch den Inktober quälst. Denn der Monat ist lang und die Motivation nimmt oft ab dem fünften Tag schon ab. Wenn man in einer Gruppe oder zu zweit an die Sache rangeht, kann man sich gegenseitig aus den Motivationslöchern helfen.
7. Tipp - Es ist kein Wettbewerb
Es ist wichtig, sich klar darüber zu sein, dass der ganze Inktober kein Wettbewerb ist. Es ist eine Herausforderung. Aber wo liegt der Unterschied? Bei einem Wettbewerb gibt es einen Gewinner und der wird meistens vom Veranstalter des Wettbewerbs belohnt.
Der Herausforderung stellst du dich ganz alleine. Deine Belohnung gibst du dir Selbst. Du wirst besser in dem was du zeichnest, du bekommst eine Routine und vielleicht auch gutes Feedback auf Instagram, Facebook, Twitter oder wo man seine Sachen sonst so teilen kann. Bei einem Wettbewerb fliegst du raus, wenn du die Regeln brichst oder zwischendrin eine Pause einlegst.
Beim Inktober nicht. Hier geht es um persönliche Entwicklung und nicht darum, wer als erster seinen Beitrag ins Social Media lädt. Das stetige Wachsen mit der Aufgabe finde ich viel wichtiger als das ständige Präsentieren. Deswegen arbeite ich keine Beiträge vor und wenn ich es mal nicht schaffe, dann ist es eben so. So lerne ich mich und meine Fähigkeiten besser einzuschätzen und auch mit Niederlagen besser umzugehen.
8. Tipp - Sei dir der Konsequenzen bewusst
Konsequenzen. So ein böses Wort. Aber wie so ziemlich alles hat auch der Inktober Konsequenzen. Wie bereits erwähnt, ist es eine zeitliche Mehrbelastung. Das bedeutet, dass man weniger Zeit für anderes hat. Je nachdem wann ihr euren Beitrag machen wollt, fehlt euch immer eine halbe Stunde oder mehr am Tag. Skizzenbuch von Julian Reichel mit geistercomic In meinem Fall bedeutete das, dass ich mich weniger mit Freunden getroffen habe oder auch von Veranstaltungen früher nach Hause gegangen bin, um meinen Comic noch zu zeichnen. Wenn ihr nicht bereit seid euren Tagesrhythmus an den Inktober anzupassen, dann solltet ihr euch gut überlegen, ob ihr überhaupt anfangen wollt. Es ist nämlich auch sehr frustrierend in den Inktober zu starten und am dritten oder vierten Tag bereits wieder aufzuhören. Das kann ein ganz schöner Knick fürs eigene Ego sein.
9. Tipp - Mach dir einen Plan
Fangt am besten mit deinem Kalender an. Schaut euch an, wo es zeitlich eng werden kann und nehmt euch an diesen Tagen nicht zu große Projekte vor. Bereitet am besten alles vor, was ihr zum Zeichnen braucht und verstaut es so, dass ihr es einfach aufräumen könnt. So bleibt euer Arbeitsplatz ordentlich. Wie bereits erwähnt halte ich es für sinnvoll sich auch inhaltlich vorzubereiten.
Gebt euch also einen Rahmen vor. Wie dieser aussieht und wie eng ihr diesen fasst, bleibt ganz euch überlassen. Je besser ihr vorbereitet seid, desto besser kommt ihr durch den Inktober, da bin ich mir ganz sicher. Denn gute Vorbereitung spart am Ende Zeit und dafür werden ihr spätestens in der Halbzeit dankbar sein.
10. Tipp - Sei nicht zu hart zu dir selbst
Trotz neun grandioser Tipps und eurer sicherlich hohen Motivation, wird es passieren, dass euch die Puste ausgeht. Da bin ich mir sehr sicher und ich sage euch: Das ist OK! Der eigene Antrieb ist nicht gleichbleibend stark. Es reicht ein harter Tag oder eine etwas längere Nacht und schon wird der Inktober zur Qual.
Aber es wäre ja keine Herausforderung, wenn es zu einfach wäre. Wenn ihr also auf dem Zahnfleisch kriecht und wirklich keine Lust mehr habt, dann hört auf. Quält euch nicht zu sehr, denn das kann soweit gehen, dass man zeitweise keine Lust mehr hat überhaupt zu zeichnen. Was so ziemlich das genaue Gegenteil ist, wofür der Inktober steht.
Gönnt euch ruhig einen Tag Pause. Wenn ihr den später nachholt, ist das ok und wenn nicht, dann ist es eben so. Wichtig ist, dass ihr weiterhin an der Sache Spaß habt und euch weiterentwickeln wollt. Wenn der Inktober nicht das geeignet Mittel dafür ist, dann seid ihr nicht daran Schuld. Dann lasst die Tusche liegen und sucht euch einfach eine andere Herausforderung, an der ihr wachsen könnt!